Über den Vorschlag, Griechenland und anderen gebeutelte Staaten und Regionen, durch eine umlaufbeschleunigte und den Euro ergänzende Währung eine neue Option aufzuzeigen, hatten wir schon öfter geschrieben (Hilfe für Krisenstaaten: “Expressgeld statt Euroaustritt”).
Ein inzwischen 18 Monate alter Artikel in der Zeit, zeigt die Möglichkeiten, die dahinter stecken noch einmal sehr schön auf. In dem Artikel geht es um den Wörgl-Schilling. Die österreichische 4.000 Seelen Gemeinde Wörgl, ist quasi die Mutter aller umlaufbeschleunigten Komplementärwährungen.
Wenn man die Aussagen aus der Weltwirtschaftskrise des letzten Jahrhunderts liest, klingt das doch ganz verdächtig nach aktueller Berichterstattung:
Der Regierung in Wien fällt als Mittel gegen die Krise nur eines ein: sparen. Die Löhne kürzen, die Staatsausgaben senken, das Personal abbauen. Irgendwann geht es dann allen wieder besser, so das Kalkül. Unterguggenberger (Anm: damals Wörgler Bürgermeister) wird dazu schreiben: »Das Sinnvolle dieser Maßnahmen liegt auf der Hand und sieht etwa so aus: Ich schränke mich ein und gehe barfuß (hilft das dem Schuster?). Ich schränke mich ein und reise nicht (hilft das der Bundesbahn?). Ich schränke mich ein und esse keine Butter (hilft das dem Bauern?).«
Der Wörgl-Schilling hatte einen zeitgebundenen Wertverfall der Banknoten von 1% pro Monat, was zu einer sehr hohen Umlaufgeschwindigkeit des Geldes führte.
Das solche Konzepte in Griechenland momentan wohl gut angenommen würden, zeigen die Griechen selbst am deutlichsten (Kreative Griechen entwickeln Euro-Alternativen). Wie genau solche (Komplementär)Währungen heute aussehen könnten, haben die Initiatoren der Chiemgauer Regionalwährung gezeigt und auf Griechenland bezogen in einem PDF beschrieben:
Umlaufbeschleunigtes und abflussgebremstes Geld könnte die nationale Wirtschaft zusätzlich antreiben – ohne neue Auslandsschulden und ohne ausländische Zuschüsse. Selbsthilfe und Selbstverantwortung des in Not geratenen Landes stünden im Vordergrund anstatt einer immer größer werdenden Abhängigkeit von außen. Mehr Umsätze würden zu mehr Beschäftigung, weniger Handelsdefizit, weniger Sozialausgaben und mehr Steuereinnahmen führen.
Dabei ist die Grundidee: Wenn kein zusätzliches Geld in die Wirtschaft eingeführt werden kann, weil es sofort wieder abflißt durch Importe oder Geldflucht, muss man das vorhandene Geld besser nutzen, das heiflt Liquiditätsoptimierung in Ökonomensprache, oder Expressgeld in Umgangssprache.
Der Erfolg des Wörgl-Schilling wurde in seiner Zeit übrigens weltweit diskutiert und gelobt. Nach etwas über einem Jahr war damit trotzdem Schluss: Die Nationalbank hatte der Gemeinde – unter Androhung eines militärischen Eingreifens – die weitere Verbreitung des Geldes verboten. Kurz darauf stiegen sowohl die Arbeitslosigkeit, wie auch die Verschuldung in der Gemeinde sprunghaft an.
Komplementärwährungen und sogenanntes Freigeld sind immer wieder sehr kontrovers diskutiert, bis belächelt worden. Als ergänzende “Krisenwährung” aber vielleicht nicht komplett abwegig.