Neckermann Onliner vs. Gewerkschaftsvertreter: Mitarbeiterkampf zeigt Demokratisierungs-Wunsch

von Steffen Greschner am 21. Juli 2012

Jochen Krisch von Exciting Commerce hat den – öffentlich und an der Gewerkschaft vorbei organisierten - Kampf der Neckermann-Onliner gegen die Insolvenz weiter verfolgt. Leider hat das Engagement außerhalb der Gewerkschaften nichts gebracht:

Neckermann hat auch beim Untergang noch einmal das Unmögliche möglich gemacht. Oder wer hätte sich jemals vorstellen können, dass Gewerkschaftsvertreter die Insolvenz eines Unternehmens seiner geordneten Weiterführung vorziehen würden?

Der “Aufstand der [Online-]Beschäftigten”, wie es die Frankfurter Rundschau nannte, kam zu spät, obwohl schon relativ früh deutlich wurde (siehe Streik zur Unzeit: Wann reichts den Neckermann-Investoren?), dass die “Bemühungen” der Gewerkschaften in jedem Fall auf Kosten der Onliner gehen würden, die das Unternehmen in die Zukunft führen sollten.

Unter dem aktuellen und dem ersten Artikel hat sich eine spannende Diskussion entwickelt, in der auch der Sprecher der Online-Belegschaft, seine Sichtweise klarstellt:

Es ist leider wahr. Wir sind alle erschüttert. Wir hatten heute Morgen noch einmal eine große Unterschriftenaktion gestartet, an der sich unglaublich viele MitarbeiterInnen beteiligt haben, und in der wir unseren Mehrheitsgesellschafter eindringlich baten, dem gestern mühsam errungenen Kompromiss zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretungen zuzustimmen.

Leider hat sich Sun Capital anders entschieden, und wir kennen die genauen Hintergründe für diese Entscheidung nicht wirklich.

Mir tut es sehr leid für alle hier bei neckermann.de, insbesondere für die, die gerade in den letzten Tagen auf allen Seiten so gekämpft, verhandelt und sich so unglaublich engagiert für einen Fortbestand des Unternehmens eingesetzt haben.

Da ich ein unverbesserlicher Optimist bin, hoffe ich nun, dass dieses Unternehmen im Rahmen des entstehenden Verfahrens eine neue Chance bekommt.

Danke auch an alle, die sich aufgrund von Jochens Beitrag spontan bei mir /uns gemeldet haben und uns Glück gewünscht und uns unterstützt haben!

Wenn man sich die Entwicklung anschaut, wird das nicht das erste und nicht das letzte Mal sein, dass sich Belegschaftsteile, die sich nicht mehr von den alten Institutionen vertreten sehen, selbst organisieren.

Was auf den ersten Blick zu Streit und einer Schwächung von Betriebsrat und Gewerkschaften führt, ist auf den zweiten Blick die logische und in die Zeit passende Demokratisierung innerhalb hierarchischer Unternehmensstrukturen. (Unternehmensführung 2.0: Demokratie statt Betriebsrat)

Wie die Organisation hierarchiefreier Unternehmen aussehen kann, hatten wir schon einmal dargestellt.

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