Normalerweise ist die “große Weltpolitik” nicht ganz unser Thema. Aktuell gibt es aber zwei Artikel zur Finanzkrise, die eine Leseempfehlung absolut wert sind.
Die FAZ beschreibt sehr gut, was es mit dem ESM Rettungsschirm, der sich jeglicher parlamentarischer Kontrolle entzieht, genau auf sich hat und welche langfristigen Auswirkungen das Vertragswerk haben kann:
(..) denn ausweislich der vielen tausend Verfassungsbeschwerden sind es ja nicht nur jüngere Menschen, die in unzähligen Internetforen die drohende Transformation der europäischen Demokratien in eine von der Finanzindustrie beherrschte Plutokratie befürchten.
Vielmehr besteht die Gefahr eines Systemwechsels durchaus. Negative wirtschaftliche Folgen einer Verwerfung des ESM-Vertrags wie sie vom Bund in der mündlichen Verhandlung noch für eine bloße Verzögerung beschworen wurden, dann aber nicht eintraten, sind nicht zu befürchten. Die Mitgliedstaaten könnten den vorübergehenden Rettungsschirm prolongieren oder andere, verhältnismäßige Maßnahmen ergreifen, statt mit dem ESM ein auf ewig angelegtes Herrschaftsinstrument der Exekutive zu schaffen.
Die Schweizer Wirtschaftsuniversität HSG St. Gallen hat eine Studie über den Einfluss von Ratingagenturen auf die Finanzkrise veröffentlicht. Die St. Gallener kommen dabei zu dem Schluss, dass die Bewertungen und Herabstufung von Staaten oft willkürlich passiere, um im Gegenzug die Finanzindustrie zu stärken, wie der ORF zusammenfasst:
“Ratingagenturen sind ein Teil der Finanzindustrie. Und sie sind natürlich erschrocken, als sich die Welt auf der Höhe der Finanzkrise einig war, dass man die Finanzmärkte zurückstutzen muss.”
Und das sei gegen ihre Interessen, „denn sie verdienen dort ihre Brötchen“, so Gärtner. Der Wissenschaftler spricht im Zusammenhang mit Staaten von „neuen Sündenböcken“. Die Finanzmärkte seien aus der Schusslinie, „das Problem sind jetzt die angeblich über ihre Verhältnisse lebenden Staaten“, sagt Gärtner.
Vor diesem Hintergrund ist es umso erfreulicher, dass sich eine neu entstehende Bürgerlobby inzwischen aktiv in die Bundespolitik einmischen kann und von den Gerichten auch mehr als ernst genommen wird. (ESM Verfassungsbeschwerde: Wie bürgerschaftliche Initiativen die Bundespolitik aufmischen)