Aus der Bewegung rund um Stuttgart21 sind einige spannende Initiativen und Entwicklungen entstanden. Auch die Wahl zum neuen Oberbürgermeister schwankt stellenweise irgendwo zwischen spannend, amüsant und politischem Test.
Anfang der Woche hat sich eine neue Initiative auf Facebook gegründet. Den Grundstein der “neuen Normalen” hat Thorsten Puttenat gelegt. Nach eigener Aussage aus Frust darüber, dass die aufgebrachte (Protest)Energie in Stuttgart nicht zielgerichtet für positive Veränderung genutzt wird. Puttenat ist einer der Gründer von FlügelTV und stand damit ganz vorne beim Protest gegen den Bahnhofsneubau.
Mit den neuen Normalen will er vor allem zu positiven Diskussionen anregen:
‘Die neuen Normalen’ sind keine Partei, keine Gruppe, kein Verband.
Aber es gibt sie, und das vermutlich sogar in Scharen, ganz egal wo man sich befindet. Sie sind in politischen Dingen genervt, zu gesättigt, teils gar resigniert oder zumindest müde. Auch sie sagen eben “So ist die Welt, kann man nicht wirklich ändern.”
Der Gedanke, der sich hinter den neuen Normalen versteckt, ist wohl ähnlich zu den Gedanken, die den Piraten einigen Aufwind gegeben haben: eine andere Politik für alle, die sich nicht in klassischen Parteien vertreten sehen. Diskussionen anregen, ohne im politischen Alltag gefangen zu sein.
Und trotzdem lesen sich die Thesen auf der Facebook-Seite fast wie ein Parteiprogramm:
- Die neuen Normalen wollen Fortschritt, hinterfragen ihn aber und fordern eine neue Definition.
- Die neuen Normalen sind für Wohlstand, regen aber dazu an gemeinsam zu überlegen, was das bedeutet.
- Die neuen Normalen sind nicht gegen Wachstum, wollen ihn aber kritisch durchleuchtet sehen und möchten wissen, was Wachstum heutzutage bedeutet.
- Die neuen Normalen denken nicht in links-rechts Spektren, sondern öffnen sich pragmatischen und fürs Gemeinwohl konstruktiven Ideen.
- Die neuen Normalen sagen nicht, dass der Staat alles regeln sollte, und sie sagen auch nicht, dass die Wirtschaft tun und machen sollte, was sie möchte.
Die neuen Normalen sind sicherlich nur ein Beispiel von vielen. Trotzdem kann man an der Politisierung, die in verschiedenen Gruppen innerhalb sozialer Netzwerke stattfindet einen Trend ablesen: Es geht darum online neue Lobbys zu schaffen. Gruppierungen zu etablieren, die, sobald sie eine gewisse Reichweite/Mitgliederzahl erreichen, über kurz oder lang auch in der Politik mitsprechen können.
{ 1 Kommentar }
Da macht wohl jemand den Versuch sich zwischen allen Stühlen sowohl anbiedernd als auch offensiv zu posititionieren – der entsprechende Platz im politischen Raum ist natürlich unbelegt, er setzt voraus dass keinerlei feste Standpunkte eingenommen werden – sozusagen eine Un-Position, ein Vacuum.
Das ist philosophisch/soziolgisch recht spannend, ansonsten aber für die politische Praxis völlig belanglos, da es zum Wesen der Politik gehört in der Polis – dem Gemeinwesen, der Gesellschaft – Positionen sichtbar zu machen und diese abzuwägen.
{ 1 trackback }