Euro 2.0: regionale Krisenwährungen mit Umlaufimpuls?

von Steffen Greschner am 13. Mai 2012

Über den Vorschlag, Griechenland und anderen gebeutelte Staaten und Regionen, durch eine umlaufbeschleunigte und den Euro ergänzende Währung eine neue Option aufzuzeigen, hatten wir schon öfter geschrieben (Hilfe für Krisenstaaten: “Expressgeld statt Euroaustritt”).

Ein inzwischen 18 Monate alter Artikel in der Zeit, zeigt die Möglichkeiten, die dahinter stecken noch einmal sehr schön auf. In dem Artikel geht es um den Wörgl-Schilling. Die österreichische 4.000 Seelen Gemeinde Wörgl, ist quasi die Mutter aller umlaufbeschleunigten Komplementärwährungen.

Wenn man die Aussagen aus der Weltwirtschaftskrise des letzten Jahrhunderts liest, klingt das doch ganz verdächtig nach aktueller Berichterstattung:

Der Regierung in Wien fällt als Mittel gegen die Krise nur eines ein: sparen. Die Löhne kürzen, die Staatsausgaben senken, das Personal abbauen. Irgendwann geht es dann allen wieder besser, so das Kalkül. Unterguggenberger (Anm: damals Wörgler Bürgermeister) wird dazu schreiben: »Das Sinnvolle dieser Maßnahmen liegt auf der Hand und sieht etwa so aus: Ich schränke mich ein und gehe barfuß (hilft das dem Schuster?). Ich schränke mich ein und reise nicht (hilft das der Bundesbahn?). Ich schränke mich ein und esse keine Butter (hilft das dem Bauern?).«

Der Wörgl-Schilling hatte einen zeitgebundenen Wertverfall der Banknoten von 1% pro Monat, was zu einer sehr hohen Umlaufgeschwindigkeit des Geldes führte.

Das solche Konzepte in Griechenland momentan wohl gut angenommen würden, zeigen die Griechen selbst am deutlichsten (Kreative Griechen entwickeln Euro-Alternativen). Wie genau solche (Komplementär)Währungen heute aussehen könnten, haben die Initiatoren der Chiemgauer Regionalwährung gezeigt und auf Griechenland bezogen in einem PDF beschrieben:

Umlaufbeschleunigtes und abflussgebremstes Geld könnte die nationale Wirtschaft zusätzlich antreiben – ohne neue Auslandsschulden und ohne ausländische Zuschüsse. Selbsthilfe und Selbstverantwortung des in Not geratenen Landes stünden im Vordergrund anstatt einer immer größer werdenden Abhängigkeit von außen. Mehr Umsätze würden zu mehr Beschäftigung, weniger Handelsdefizit, weniger Sozialausgaben und mehr Steuereinnahmen führen.

Dabei ist die Grundidee: Wenn kein zusätzliches Geld in die Wirtschaft eingeführt werden kann, weil es sofort wieder abflißt durch Importe oder Geldflucht, muss man das vorhandene Geld besser nutzen, das heiflt Liquiditätsoptimierung in Ökonomensprache, oder Expressgeld in Umgangssprache.

Der Erfolg des Wörgl-Schilling wurde in seiner Zeit übrigens weltweit diskutiert und gelobt. Nach etwas über einem Jahr war damit trotzdem Schluss: Die Nationalbank hatte der Gemeinde – unter Androhung eines militärischen Eingreifens – die weitere Verbreitung des Geldes verboten. Kurz darauf stiegen sowohl die Arbeitslosigkeit, wie auch die Verschuldung in der Gemeinde sprunghaft an.

Komplementärwährungen und sogenanntes Freigeld sind immer wieder sehr kontrovers diskutiert, bis belächelt worden. Als ergänzende “Krisenwährung” aber vielleicht nicht komplett abwegig.

Lokale Initiativen gegen Nahrungsmittelspekulationen

von Steffen Greschner am 10. Mai 2012

Immer Sonntags schreibt [x Politics] einen Gastartikel auf der Tegernseer Stimme. Es geht darin meist um Ansätze und Ideen, die gestartet im lokalen Umfeld, langfristig für direkt Veränderung im ganz persönlichen (politischen) Alltag sorgen können.

Der letzte Artikel passt thematisch gut zu einem aktuellen Artikel der Süddeutschen “Die Allianz als Hungermacher“, in dem es um Lebensmittel als Spekulationsobjekt geht. Vor allem die Spekulationen der deutschen Allianz geraten dabei stark in die Kritik.

Manche kleine Bewegungen setzen sich dem schon länger entgegen. In oftmals Bio- und Öko angehauchten Konzepten, steckt aber teilweise auch die Chance auf die globalen Finanzmärkte direkten Einfluss zu nehmen:

Wir leben in einem ländlichen Gebiet. Viele Bauern, viele Kühe, viel Grün. Traktoren auf der Straße, Almabtrieb im Herbst. Der Blick aus dem Fenster sieht für manchen von uns aus wie das aktuelle Cover der Landlust.

Wenn man es genau nimmt, ist die Landlust am Tegernsee aber auch nicht viel mehr als eine Fassade. Spätestens beim Einkauf hört das Landleben wieder auf: Tomaten aus Spanien, Spargel aus Baden, Milch von irgendwo in Deutschland. Vom Bauer um die Ecke merkt man in Aldi, Tengelmann & Co. nicht viel.

Genau an diesem Punkt setzt ein Landwirtschaftskonzept an, das immer mehr Anhänger gewinnt. Hinter der Abkürzung CSA – „Community supported agriculture“ – oder unter der sperrigen deutschen Bezeichnung „Gemeinschaftsgetragene Landbaukultur“ steht der Gedanke, sich aus seinem direkten Umfeld mit Nahrungsmitteln versorgen zu lassen.

Flatrate für Nahrungsmittel

In einer Art Hofgemeinschaft beteiligen sich Menschen aus der Nachbarschaft eines Bauernhofs an dessen Betrieb, indem sie „Nahrungsmittel-Flatrates“ kaufen und dadurch im Idealfall die komplette Produktion des Bauernhofs direkt im nahen Umfeld aufgeteilt wird.

Die „Flatrates“ laufen über einen festgelegten Zeitraum (6-12 Monate), um so dem Bauern eine gewisse Planungssicherheit zu geben. Auf diese Weise gelangen Nahrungsmittel, ohne Umweg über den Supermarkt, direkt zum Verbraucher:

Bei diesem Konzept werden die Lebensmittel der Landwirtschaft nicht mehr über den Markt vertrieben, sondern fließen in einen eigenen, von Teilnehmerseite mit organisierten und finanzierten, durchschaubaren Wirtschaftskreislauf. Es soll allen Teilnehmern ersichtlich werden, wohin ihr Geld fließt und welche Kosten anfallen. Alle Vermarktungskosten fallen weg. So können Teilnehmer und Produzenten zusammen Landbau- und Ernährungskultur gestalten und gemeinsam die Verantwortung für die Lebensmittelproduktion und Landschaftsentwicklung tragen.

Ziel des Ganzen ist zum einen, dass die Lebensmittel durch die direkte Verteilung nicht mehr Tausende von Kilometer transportiert werden müssen. Außerdem bekommen die Beteiligten der „Hofgemeinschaft“ einen Einblick in die wirklichen Kosten und die Arbeitsabläufe. Viele Höfe bieten beispielsweise „Mitmachtage“ oder „Kindernachmittage“ an, bei denen man sich persönlich überzeugen kann, wie die eigenen Lebensmittel entstehen.

Einige der Höfe arbeiten natürlich „Bio“ – das gehört wohl dazu. Ein nicht zu unterschätzender Punkt hinter dem Konzept ist aber auch, dass Spekulanten so auf ganz natürlichem Wege die Grundlage mit Lebensmitteln zu handeln entzogen wird.

Die Nahrung gelangt auf diese Weise nie in den globalen Handels- und Finanzkreislauf, sondern wird zu dem Wert gehandelt, den sie in ihrem direkten Umfeld wirklich hat.

Die Preise für die Nahrungsmittel-Flatrates“ werden dabei innerhalb der Gemeinschaft festgelegt beziehungsweise vom Bauern so dargestellt, dass er kostendeckend arbeiten kann. Auf dem Hof Pente in Niedersachsen sehen die Monatsbeiträge so aus:

  • 120,- € Beitrag, der zukünftige Weiterentwicklung unterstützt
  • 95,-€ Normalbeitrag
  • 80,-€ Ermäßigter Beitrag (nicht kostendeckend)
  • Kinderbeitrag nach Selbsteinschätzung (im letzten Jahr galt: Babys umsonst und Kinder die Hälfte)

Für diese Beiträge kann Obst, Gemüse, Fleisch, Milch und eben alles, was auf dem Hof Produziert wird, bezogen werden. Allerdings eben auch nur das, was es gerade gibt. Im Winter ist also manchmal eine ganze Weile viel Kohl angesagt – wie es Jahrhunderte ganz normal war in unseren Breitengraden.

Nach Feierabend Schafe optimieren

Und so bedeutet das Ganze natürlich auch einen gewissen Verzicht. Nicht alles ist immer vorhanden. Im Gegenzug klingt es aber auch nach „erdendem Spaß“, wenn man sich die Webseiten einiger Höfe anschaut. So sucht der Bauer vom Hof Gärtnerhof Entrup zum Beispiel ganz aktuell noch Leute, die Lust haben, freitags nach Feierabend die Wertschöpfungskette der Schafe zu optimieren:

Ich freue mich auf lustiges Gespinne auf dem Hof. Und ich verspreche euch, wenn man das Produktionsstadium von “schwangeren Regenwürmern” hinter sich gelassen hat, dann macht es riesigen Spaß, und der Suchtfaktor ist groß! Irgendwann verliert man den Faden dann nur noch beim Reden und nicht mehr beim Spinnen!

Die Wolle wird im Anschluss natürlich an interessierte Mitglieder der Hofgemeinschaft abgegeben.

Das eigentlich Spannende an solchen Konzepten ist aber vielleicht gar nicht mal so sehr der Bio-Gedanke, der für viele dahinter steht. Sondern eher die Chance, sich als lokale Gemeinschaft selbst zu versorgen und damit den Irrsinn weltweiter Nahrungsmittelspekulationen an der Wurzel zu packen. Außerdem kann es für den ein oder anderen bestimmt schön sein, ab und zu mal auf „seinem“ Bauernhof vorbeizuschauen …

Nachhaltig leben eben – das Wort, das vielen wohl langsam zum Hals raushängt.

Anmerkung: Ich bin Mitgründer der Tegernseer Stimme und nach wie vor dort aktiv. Nicht, dass uns hier Intransparenz vorgeworfen wird… ;-)

“Graßwurzelpolitik” ist für uns von [x Politics] mit am spannendsten: Bewegungen, die abseits der Parteienlandschaft etwas verändern und sich ernsthaft mit Themen auseinandersetzen wollen. Wenn sich etablierte Politiker daran anschließen, ist viel gewonnen auf dem Weg zu echter Veränderung.

Genau das tut eine Facebook-Gruppe aus Baden-Württemberg. Die Elefantenrunde ist quasi aus den Diskussionen rund um Stuttgart21 entstanden und wurde von Stefan Koerblein gegründet. Koerblein ist kein Politiker, und bezeichnet sich selbst als lokalpolitisch eher unbedarft. Er hat die Gruppe als Privatperson gegründet:

Ziel war es, den Fokus vom alles bestimmenden Thema SK21 wegzubringen, sich dem Ausgang der Landtagswahl zu widmen, und zu beobachten, wie sich die erste Grün-Rote Landesregierung in einem tiefschwarzen Land schlägt. Das war nun vor über einem Jahr, und einigen Treffen im echten Leben. Jetzt sind wir hier und haben viele, spannende Diskussionen mit, in einem tiefschwarzem Land wenig überraschend, einem Überhang an CDU Sichtweisen, aber daran können wir ja arbeiten.

Obwohl die geschlossene Gruppe nur rund 180 Mitglieder hat, sind von “ganz normalen Menschen” bis zu Fraktionsvorsitzenden und Geschäftsführern von Landtagsparteien viele interessante Köpfe dabei, die sich höflich und ungezwungen über neue Ideen und Ansätze austauschen.

In der Welt schreibt Sebastian Turner, selbst Mitglied in der Gruppe und Kandidat für den Oberbürgermeisterposten in Stuttgart, dazu:

Inzwischen sind auch die anderen Kandidaten für das Rathaus, Fritz Kuhn (grün) und Bettina Wilhelm (für die SPD), Mitglieder der Elefantenrunde. Kuhn nimmt gelegentlich an der Diskussion teil, gelassen auch in eigener Sache.

Das Besondere dieses politischen Gespräches unter Stuttgartern aller politischen Richtungen: Das Gespräch verläuft für jeden in dessen Zeitplan und Geschwindigkeit. Es ist eine Form, die selbst beruflich und familiär stark Eingespannten eine Mitwirkung ermöglicht.

Wir hatten vor kurzem schon einmal beschrieben, wie gerade solche Bewegungen und (teil)öffentlichen Meinungen heute sehr viel mehr Einfluss auf die Politik nehmen, als viele vermuten. Das Spannende daran: Sie entstehen ohne zutun der Politik und fordern dadurch Teilhabe Stück für Stück von unten ein.

Man kann das getrost als Lobbyarbeit der Bürger ansehen.

Liquid Participation: Das Internet – die vierte Gewalt

von Steffen Greschner am 4. Mai 2012

Manchmal bringt Protest etwas. Ein Satz hat das auf der re-publica in Berlin gezeigt:

“Macht Euch um ACTA keine Sorgen mehr”

Gesagt hat ihn Neelie Kroes, EU-Kommissarin und zuständig für Medien. Zwar hat sie das überhaupt nicht zu entscheiden, sondern der EU-Handelskommissar aber eines wird trotzdem klar: Politik gegen die Masse hat nur wenig Chancen:

Der massive Protest gegen ACTA sei ein “Weckruf” für Brüssel gewesen, erklärte Kroes. Es sei daher wahrscheinlich, dass das Vertragswerk nicht in Kraft treten werde. Der Widerstand der Netzgemeinde zeige zudem, welche politische Kraft dem Internet innewohne: “Das ist eine starke neue politische Stimme”, sagte Kroes. Und auch wenn sie nicht alle Argumente und Forderungen der Netzaktivisten teile, sei sie doch davon überzeugt, dass das Internet offen und unzensiert bleibe.

Das zeigt einmal mehr, wie selbstorganisierte Bürgerbeteiligung die Politik beeinflussen kann. Darin liegt auch die große Chance: Die vierte Gewalt, das was bisher die Massenmedien waren, verteilt sich zunehmend auf die gesamte Bevölkerung.

Bürgerbeteiligung braucht nicht immer Wahlen, Petitionen und feste Abläufe. Politik kann sich seit jeher nur schwer gegen die öffentliche Meinung stellen.

Liquid Participation.

Fünf Denkanstöße zur Nachfolge der Erwerbsarbeit

von Steffen Greschner am 2. Mai 2012

Einen absolut Lesenswerten Beitrag hat Sascha Lobo gestern mit “Am Tag nach der Arbeit” zum 1. Mai im Spiegel geschrieben. Lobo schreibt sehr treffend über den Wandel, dem sich die Arbeitswelt durch das Internet gegenübersieht und kritisiert, dass viele der neuen Errungenschaften nicht der Freiheit jedes Einzelnen, sondern oft nur der gesteigerten Produktivität und dem Ausbau bestehender Strukturen zugute kommen.

Über diese Punkte muss eine sich wandelnde Gesellschaft in Lobos Augen nachdenken:

  • ein bedingungsloses Grundeinkommen, das zudem dem überfälligen Eingeständnis entsprechen würde, dass die Steuerfinanzierung der Rente unausweichlich scheint
  • die Flexibilisierung des Zeitpunkts, an dem man aufhört zu arbeiten (und zwar ohne Gefahr der völligen Verarmung)
  • die Entwicklung von Mischformen aus Selbständigkeit und Angestelltendasein
  • der Abschied vom Ideal der lebenslang angestellten Gleichförmigkeit
  • gesellschaftliche Akzeptanz dafür, dass es außer dem Alter noch andere Lebensphasen gibt, in denen Erwerbsarbeit schwer möglich ist

Und das ganze am besten noch ohne viel Populismus und ohne Vorurteile dazu, was geht und was nicht geht. In der Schweiz scheint man damit momentan schon einen kleinen Schritt weiter zu sein.

Parteezy: Ex-Bürgermeister pusht Partizipation in BW

von Steffen Greschner am 27. April 2012

In Baden-Württemberg tut sich einiges in Richtung Partizipation und Bürgerbeteiligung. Eines der spannendsten Projekte ist für uns momentan die Plattform Parteezy, die kleineren Kommunen eine einfache (technische) Lösung zum Einstieg in “Politik mit mehr Bürgernähe” bieten will.

Gestern fand dazu ein erstes Impulstreffen im Landkreis Esslingen statt, wie die Entwickler auf ihrem Blog schreiben:

Bei einem Impulstreffen im Quadrium in Wernau konnten wir gestern mit dem Landratsamt und Bürgermeistern und Hauptamtsleitern diverser Gemeinden des Landkreises Esslingen über den richtigen Einstieg in die digitale Bürgerbeteiligung diskutieren.

Nachdem KBB hierzu das Tool Parteezy entwickelt hat, ist es für uns sehr interessant, über die Einsatzmöglichkeiten mit den Gemeinden zu diskutieren.

Im zweistündigen Treffen wurden über Strategie der Herangehensweise, die richtige Mischung aus persönlicher Ansprache und digitaler Nutzung und auch über Nutzen und Aufwand von digitalen Plattformen diskutiert.

Parteezy ist für uns vor allem deswegen sehr spannend und vielversprechend, weil mit der KBB-Kommunalberatung GmbH und deren Geschäftsführer Jürgen Berner ein ehemaliger Bürgermeister als Initiator aktiv ist. Berner war 16 Jahre Bürgermeister in Holzmaden, in der Nähe von Stuttgart.

Parteezy selbst hatten wir vor einiger Zeit schon etwas genauer beschrieben.

Wie organisiert sich ein hierarchiefreies Unternehmen?

von Steffen Greschner am 25. April 2012

Valve ist ein Spieleentwicklerunternehmen mit Sitz in den USA. Und scheinbar zeigt Valve auch, dass man ein Unternehmen mit mehreren hundert Mitarbeitern und zig Millionen Kunden erfolgreich leiten kann, indem man den Mitarbeitern einfach Freiheit für alles gibt.

Wie Gulli berichtet hat, ist vor einigen Tagen ein Dokument aufgetaucht, das tiefe Einblicke in eine extrem offene und hierarchiefreie Arbeitsweise gibt, die für die meisten deutschen Unternehmenslenker wohl unmöglich erscheint.

In dem 60-seitigen Buch für neue Mitarbeiter (PDF via Flamehouse), erklärt Valve, wie man sich als neuer Mitarbeiter in einem Unternehmen zurecht findet, bei dem alle das Steuer in der Hand haben:

Hierarchy is great for maintaining predictability and repeatability. It simplifies planning and makes it easier to control a large group of people from the top down, which is why military organizations rely on it so heavily.
(..)
We want innovators, and that means maintaining an environment where they’ll flourish.That’s why Valve is flat. It’s our shorthand way of saying that we don’t have any management, and nobody “reports to” anybody else. We do have a founder/president, but even he isn’t your manager. This company is yours to steer—toward opportunities and away from risks. You have the power to green-light projects. You have the power to ship products.

Das Dokument ist wirklich lesenwert, da es einen komplett gegensätzlichen Denkansatz zur starren Struktur der meisten deutschen Unternehmen rüberbringt, der für einige auf den ersten Blick wohl mehr als kontraproduktiv erscheint.

Wie sieht die Stadt der Zukunft aus? Darüber macht sich eine Initiative des Fraunhofer Institutes Gedanken. Im neugegründeten Innovationsnetzwerk “Morgenstadt”, soll gemeinsam mit Partnern aus Forschung, Industrie und Partnerstädten an moderner Stadtentwicklung gearbeitet werden:

Das Innovationsnetzwerk ist auf eine langfristige Kooperation zwischen Industrie, Forschung und Akteuren der Vorreiterstädte angelegt. Langfristiges Ziel ist die Etablierung von neuen Konzepten und Innovationen in den entsprechenden Städten weltweit. Die erste Projektphase fokussiert zunächst aktuell drängende Fragen der zukünftigen urbanen Märkte.

Die ausführliche Vorankündigung klingt zumindest vielversprechend und packt eines der wohl schwierigsten Themen an:

Die funktionale Gliederung der Cities mit der räumlichen Trennung von Arbeiten, Wohnen, Einkaufen und Kultur war eine Fehlentwicklung des vergangenen Jahrhunderts. Breitspurige Straßen für die Autos zerschnitten den Raum, um die Menschenmassen zwischen monotonen Wohnquartieren, Gewerbegebieten und sterilen Innenstädten hin und her zu schicken. Und das Hinauswuchern der Vorstädte in die offene Landschaft sorgte für weitere Verkehrsströme.
(..)
Die Forscher arbeiten an der Idee der nachhaltigen, lebenswerten und zukunftsfähigen Stadt, in der man auf kurzer Distanz arbeiten, wohnen, einkaufen, essen oder im Park spazieren gehen kann. Deshalb geht es auch darum, die Zentren wieder zu beleben – durch ihre wichtigste Ressource: die Menschen. »Wir müssen aus Autostädten wieder Menschenstädte machen, die leise, verkehrsarm und weitgehend emissionsfrei sind. Und wir brauchen Kreisläufe, die wenig Ressourcen verbrauchen und wenig Müll produzieren«, bringt der Fraunhofer-Präsident das Ziel der lebenswerten Stadt der Zukunft auf den Punkt. »Im Mittelpunkt steht der Mensch, er will gesund leben, sich wohl fühlen, andere Menschen treffen und leistungsfähig arbeiten können. Die Technik soll diese Grundbedürfnisse unterstützen«.

Auch wenn der Begriff Smart-City schon fast etwas zu technisch klingt, ist das doch eine Entwicklung, die bisher fast ausschließlich der kreative Markt vorangetrieben hat. Ganz ohne Forschungsgelder sind in den letzten Jahren in Deutschland unzählige CoWorking-Spaces – nicht nur in der Stadt – entstanden, die zumindest in der Selbstorganisation von Arbeit ganz ähnliche Ziele haben.

Piratensprache im Parlament: Sie haben Sch… gesagt!

von Steffen Greschner am 23. April 2012

Man bekommt fast schon den Eindruck, dass kaum ein Tag vergeht, an dem die Piraten nicht wenigstens einmal täglich bei SPON auf Eins stehen. Auf dem Spiegel-Titel sind sie diese Woche sowieso.

Spannend ist aber auch mit welchen Themen die Politik der Piraten in die Schlagzeilen kommt. Bestes Beispiel, ist ein Artikel, ebenfalls beim Spiegel, in dem die Verrohung der Sitten im Berliner Parlament angeprangert wird. Auslößer? Natürlich die Piraten und einige Zitate:

  • “Sie wurden vielleicht gewählt, aber das, was Sie hier gerade machen, ist echt scheiße”, schleuderte der Pirat Heiko Herberg vom Rednerpult in Richtung der Kollegen von der Großen Koalition.
  • Sein Fraktionskollege Christopher Lauer wurde ähnlich deutlich: “Scheiße, wir müssen noch irgendwas dazu machen.”
  • Und Oliver Höfinghoff (ebenfalls von den Piraten) rief unlängst in den Saal: “Jetzt mal ohne Scheiß, Kinder.”

Die Chance das Ganze wieder einmal mit den Grünen der Anfangsjahre zu vergleichen, lässt man natürlich nicht aus:

So standen am Anfang der Grünen-Karriere ebenfalls verbale Entgleisungen. “Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch, mit Verlaub!”, warf Joschka Fischer einst Bundestagspräsident Richard Stücklen (CSU) an den Kopf. Worte wie “bleifreier Hanswurst” und “christliche Dreckschleuder” gehörten ebenfalls zu seinem Repertoire.

Vielleicht ist es neben allen inhaltlichen Debatten aber gerade das, was die Piraten für einige wieder wählbar macht: Ganz normale Umgangsformen…

Eine andere spannende Diskussion ist schon vor einiger Zeit auf “Novo-Argumente” ausgebrochen. Thema hier: Parteienkrise: Die Odyssee der Moralpiraten

Mehr Wert Geld: zinsfreie und regionale Investmentfonds

von Steffen Greschner am 19. April 2012

Die Entwicklung hin zu regionalen und lokalen Märkten und Produkten ist nicht nur in der Lebensmittelindustrie festzustellen. Unter dem Titel “MehrWertGeld” versucht sich eine österreichische Initiative darin den regionalen Gedanken auch in die Finanzwelt zu übertragen:

Das Geld, das in der Region vorhanden ist, wird über die ausgegebenen MehrWert Sparbriefe auf einem Treuhandkonto gesammelt und steht für die Kreditvergabe für Projekte zur Verfügung, die einen MehrWert für unsere Regionen Steyr – Kirchdorf bringen.

Die Sparer können die Sparbriefe in der Sparkasse Kremstal-Pyhrn und in den Geschäftsstellen der Raiffeisenbank Micheldorf sowie im Steyrtal erwerben. Mindesthöhe je Sparbrief ist 2.000 EUR. Es besteht auch die Möglichkeit eine Zweckwidmung für das Spargeld anzugeben.

Sowohl die Geldanlagen, wie auch die daraus vergebenen Kredite laufen annähernd zinsfrei, mit einer symbolischen Spareinlagenverzinsung von 0,125 % und einer Kreditverzinsung von 1% Plus 0,1 – 1 % Risikoaufschlag.

Sparer haben die Möglichkeit, sich aktiv bei der Auswahl der zu fördernden Projekte einzubringen und klar festzulegen, was mit dem eigenen Geld passieren soll.

Ähnlich, wie bei Regiowährungen, ist das Ziel der Initiative, das Geld im Umlauf zu halten und damit die Region zu stärken:

Mehr Geld in Form von Zinsen bringt eine persönliche Bereicherung. Wenn wir das Geld nicht in Umlauf bringen, senken wir die Stärke und Kaufkraft der Region. Zinsverzicht und Investition in die Region bringt daher mehr Lebenskraft für die dort lebenden Menschen. Der Zinsverzicht steigert den Wert des Lebensraumes und sorgt für Mehr Wert.

Passend dazu ist heute noch ein lesenswertes Interview mit Lothar Lochmaier mit im GFT-Blog erschienen. Lochmaier schreibt auf seinem Blog Social Banking 2.0 über die Veränderung der Finanzwelt durch Crowdfunding und Co.