Coworking-Spaces machen kollaborative Arbeit profitabel

von Steffen Greschner am 30. November 2011

Coworking-Konzepte sind aus zweierlei Hinsicht gerade eines der spannendsten Themen: erstens zeigen Sie neue Arbeitsmodelle auf und zweitens zeigen Coworking-Spaces am eigenen Beispiel, wie kollaborative Arbeit und Wirtschaft aussehen kann. Es ist zwar etwas zu weit gegriffen Coworking-Spaces als commons zu bezeichnen aber es geht in die Richtung – die Gemeinschaft ist das Geschäftsmodell:

Ihre Geschäftsmodelle unterscheiden sich stark von anderen Unternehmen. Eine kollaborative Atmosphäre zwischen ihnen und ihren Mitgliedern basiert auf gegenseitigem Vertrauen und nicht das maximale Ausquetschen des Feldes, das sie bestellen.

Das Branchenmagazin Deskmag hat vor einigen Tagen eine Umfrage ausgewertet, bei der es um die Frage ging, ob Coworking-Spaces profitabel arbeiten können, auch wenn Sie den Gemeinschaftsgedanken in den Vordergrund stellen. Die Ergebnisse sehen so aus:

Im Schnitt erreichen 40% aller Coworking Spaces nach eigener Aussage die Gewinnzone über den Spacebetrieb. Diese Zahl verdeckt allerdings zentrale Besonderheiten. Nur die wenigsten Unternehmen erzielen in den ersten Monaten ihrer Existenz bereits Gewinne. Für eine junge Industrie, wie die der Coworking Spaces, ist diese simple Gesetzmäßigkeit umso bedeutender. Schließlich startete die Hälfte(!) aller Coworking Spaces weltweit erst in diesem Jahr.
(…)
Außerdem gehen 74% (!) aller Betreiber neben dem Management ihres Coworking Spaces einem weiteren Job nach. Wie bei vielen Coworkern besitzen die positiven Auswirkungen auf ihren eigentlichen Beruf vermutlich ebenfalls eine starken Einfluss auf die Entscheidung, in einem Coworking Space zu arbeiten. Nur mit dem Unterschied, dass ihnen der Space gleich gehört.

Einer gewohnten Logik folgend gilt aber auch bei Coworking-Spaces: Je größer, desto erfolgreicher. Während die meisten kleinen Betreiber den Space für sich selbst ähnlich nutzen, wie die zahlenden Kunden – als Arbeitsplatz für andere Tätigkeiten, sind Spaces mit 50 und mehr Mitglieder meist als profitable Betriebe in Vollzeit zu betreiben.

Interessant ist aber, dass viele Betreiber eines Coworking-Space die eigenen Jobs nie aufgeben, sondern sich mehr oder weniger einen eigenen Coworking-Space passend zu den eigenen Bedürfnissen gestalten und aufbauen. Eigentlich sind viele der Betreiber selbst nichts anderes als ihre Kunden:

Ein guter Coworking Space ist um die Jobs seiner Mitglieder gebaut. Durch die Arbeit in den neuen kollaborativen Arbeitsräumen erweitern sie ihre beruflichen Netzwerke, halten ihr Wissen auf dem neuesten Stand. Knapp 40% der Coworker geben auch an, höhere Einkommen zu erzielen. Was für die Coworker funktioniert, sollte daher erst recht für die Betreiber gelten. Gerade in den kleineren Spaces sind sie durch ihren Zweitjob nichts anderes als Coworker.

Mit einem Zweitjob lebt es sich besser, vor allem am Anfang

Diese Gründe stehen vermutlich sogar an erster Stelle, um sich für den Aufbau eines eigenen, kleinen Coworking Spaces zu entscheiden. Die Investitionen, die sie dabei tätigen, sind ungleich höher als die ihrer einfachen Mitglieder, jedoch auch ihre Möglichkeiten, den Space nach eigenen (Design-)Vorstellungen für ihr Unternehmen zu formen. Gerade in den kleinen Spaces – wie die Ergebnisse der ersten und zweiten weltweiten Coworking Befragung zeigen.

Man muss die Zahlen vor dem Hintergeund sehen, dass Coworking eine sehr junge Branche ist. Laut Deskmag sind 50% aller Spaces jünger als 12 Monate. Spannend ist für uns vor allem, dass sich hier eine Branche entwickelt, für die das gemeinsame Arbeiten vor der Gewinnoptimierung steht. So ist zum Beispiel in allen Spaces, in denen wir bisher waren, Kaffee, Getränke usw. eine absolute Vertrauenssache – man zahlt eben in die Kaffeekasse. Genau das macht auch den Reiz aus: Man vertraut sich und regelt nicht alles mit Verträgen und Überreglementierungen.

Mehr Info zur Studie und auch sonst viel Lesenswertes gibt es bei Deskmag.

Freie Netzmedien fördern transparente Demokratie #S21

von Steffen Greschner am 28. November 2011

Den Journalismus demokratisieren. Mehr Transparenz auf unterster Ebene. Unter dem Begriff Lokalblog, arbeiten inzwischen immer mehr engagierte Journalisten in sehr kleinen lokalen Gebieten an der Neusortierung der vierten Gewalt. Was oft noch als Liebhaberei und Hobby abgetan wird, hat inzwischen in manchen Gebieten immer mehr Einfluss auf die demokratische Meinungsbildung.

Toll beobachten lässt sich die Entwicklung am letzten Wochenende und der Volksabstimmung rund um Stuttgart21. Im Rhein-Neckar-Kreis bietet das Rheinneckarblog-Netzwerk sechs Webseiten, die zusätzlich zu den alteingesessenen Tageszeitungen im Internet berichten:

Bei den Ergebnissen zur Volksabstimmung, ist jetzt klar geworden, dass diese Art von Grassroot-Journalismus auf sehr lokalem Gebiet für eine Belebung der Demokratie sorgt. In den Gemeinden des Lokalblog-Netzwerkes von Hardy Prothmann, sind mehr Menschen zur Wahl gegangen, als in den umliegenden Gemeinden des Landkreises:

Uli Sckerl (Landtagsabgeordneter der Grünen für den Landkreis) sieht dafür eindeutige Gründe: “Der Verkehr ist bei uns ein großes Thema und die Leute wissen, dass die Kassen knapp sind und das Geld, was in Prestige-Objekte wie Stuttgart 21 gesteckt wird, hier bei uns fehlt. Das ist ein absolut regionales Abstimmungsergebnis bei uns.”

Hinzu kommen aktuelle Projekte, viele Versprechungen und wenig Lösungen, die die früher herrschenden CDU-Mehrheit “besorgt” hat. “Die Menschen sind kritischer, informieren sich im Internet und sicher haben die “Prothmann-Blogs” ihren Anteil durch kritische Berichterstattung.”

Zwar ist die Wahlbeteiligung mit etwa 3,7 Prozent nicht signifikant höher, als in den umliegenden Gemeinden und liegt damit immer noch unter Landesdurchschnitt. Aber es wird auf kleinem Niveau deutlich, dass unabhängiger Journalismus, mehr Transparenz und Konkurrenz zu den etablierten Tageszeitungen das Geschäft mit der Demokratie belebt.

Rund um Stuttgart21 sind unabhängige Netzmedien entstanden

Im Zusammenhnag mit Stuttgart21 sind noch viele weitere verlagsunabhängige Netzmedien entstanden, die die journalistische und politische Landschaft hoffentlich auch über die Volksabstimmung hinaus bereichern werden. Das für uns spannendste ist fluegel.tv, das als Stuttgarter Lokal(online)-Fernsehsender inzwischen so ein Standing hat, dass sogar Ministerpräsident Kretschmann dort vor einigen Wochen ein Exklusiv-Interview gegeben hat:

Ministerpräsident Kretschmann zum 30.09. from fluegel.tv on Vimeo.

Spaß als politische Richtung? warum eigentlich nicht?

von Steffen Greschner am 27. November 2011

Manche Ideen und Bewegungen erscheinen auf den ersten Blick simpel und wenig ernsthaft. Wenn man eine Zeit lang darüber nachdenkt, kommt man aber manchmal zu dem Schluss, dass es vielleicht überhaupt nicht immer kompliziert und ernst sein muss. Hier ein Beispiel: Politik hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Politik ist zu ernst – zwanghaft ernst – das ist das Glaubwürdigkeitsproblem.

“Wir wollen Spaß haben beim Politik machen” ist darum das Ziel mancher Initiativen. Das Spaß nicht zwangsläufig mit der negativ belasteten Party- und Spaßgesellschaft zu tun hat, sondern eine grundsätzliche Neugestaltung der Gesellschaft als gedanklichen Hintergrund hat, zeigen die Grundsätze der Initiativen:

Hedonismus ist das Streben nach Freude, Lust und Genuss. Er verbindet alle Menschen auf dieser Erde. Im Gegensatz zu allen anderen sieht die Hedonistische Internationale den Hedonismus nicht als Motor einer dumpfen, materialistischen Spaßgesellschaft, sondern als Chance zur Überwindung des Bestehenden.

Eine Gruppe der Piratenpartei sieht sich diesen Idealen verpflichtet und sieht darin die Chance, sich aus der Tristesse der Politik zu befreien und einen neuen Geist zu entwickeln. Politik muss kein langweiliges Business sein. Mit Fabio Reinhardt sitzt ein bekennendes Mitglied der hedonistischen Plattform in der Piratenpartei im Berliner Abgeordnetenhaus.

Spaßpartei und Politik mit Spaß ist nicht das Gleiche

Der Gedanke “Spaß in der Politik” wird oft mit der missglückten FDP Kampagne “Strategie 18” in Verbindung gebracht. Seitdem steht “Spaßpartei” gleichbedeutend mit lächerlich und unfähig. Wenn man sich die Wirtschaft anschaut, ist das Thema dort aber schon deutlich weiter entwickelt. Immer mehr Unternehmen haben für sich erkannt, dass die Zukunft in Kreativität und neuen, freieren Arbeitsformen liegt. Schlicht: “Mehr Spaß bei der Arbeit”. Einige Berliner Abgeordnete der Piraten haben laut Twitter zumindest Spaß an der politischen Arbeit:

Viele andere im Politik-Business tun sich naturgemäß schwerer damit. Zu groß ist die Angst aus dem gewohnten “das haben wir schon immer so gemacht” auszubrechen. Anstelle von Spaß und Authentizität treten Zurückhaltung und der Wunsch, das Rad der Zeit zurückdrehen zu können. Dabei liegt gerade in der kulturellen Veränderung auch für die Politik riesiges Potential, mit etwas mehr Spaß auf neue Lösungsansätze zu kommen.

Wir verwechseln gerne Ernst mit Seriosität

Es ist also durchaus ein spannender Ansatz, zu hinterfragen, ob mit der christlich verankerten Einstellung, dass Spaß per se etwas unseriöses hat, gebrochen werden kann:

Dass der europäische Mensch sich als seriös nur dann empfindet, wenn Ernst sein Verhalten prägt, darf wohl als eine säkularisierte christliche Norm bezeichnet werden, die besonders vom Mönchtum getragen wurde. Zahlreiche monastische Autoren verurteilten das Lachen mit der Begründung, Christus habe wohl geweint, aber nie gelacht (was auch tatsächlich nirgendwo im Neuen Testament steht). Ausgelassenheit ist daher in der traditionellen europäischen Kultur nur im Rahmen der “verkehrten Welt” legitim, beim Karneval. Dem Mönch, dann dem Christen überhaupt, dann seinem säkularisierten Nachfolger geziemt dagegen Trauer oder wenigstens Ernst als grundsätzliche Lebenshaltung.” (Essay “Mönchtum und Kultur” (1. Abschnitt: Mittelalter) erschienen in: Kulturgeschichte der christlichen Orden in Einzeldarstellungen, Hg. Dinzelbacher/Hogg, Stuttgart 1997)

Braucht es wirklich den klassischen Typus des Politikers, der bedeutungsschwer und mit zuverlässig ernster Miene vor die Kameras tritt? Egal ob das Thema schön oder spannend, ernst oder traurig ist. Man könnte das schlicht Gewohnheit nennen. Man könnte das aber auch unauthentisch und fast schon unmenschlich nennen. Anstelle des Menschen tritt eine professionelle Maske, die stoisch ernst die Welt erklärt. Menschen, die sich im Privaten verhalten, wie es Berufspolitiker vor der Kamera tun, hätten sicher wenig Freunde.

Das Menschenbild im 21. Jahrhundert

Um dem “Spaßgedanken” einen glaubwürdigen Hintergrund zu geben, arbeitet die hedonistische Plattform der Piraten gerade an einem durchaus ernst gemeinten Manifest. In aller Öffentlichkeit und für jeden online nachvollziehbar und veränderbar. Dort steht als erster Absatz des Manifestes:

Wir vertreten ein realitätsnahes Bild des Menschen als Wesen das sich im 21. Jahrhundert von (gesellschaftlichen) Zwängen befreit und dank Bildung und Aufklärung gegenüber sich selbst und der Gesellschaft verantwortlich ist. Verantwortung trägt keinen grauen Anzug sondern ist ein umsichtiges Menschenwesen mit Herz und gesundem Menschenverstand und trägt was immer es möchte, benimmt sich möglichst nach dem kategorischen Imperativ aber trinkt auch mal einen über den Durst und ist fähig sich des Lebens zu freuen.

Für uns trifft das den Nerv.

Sind die Piraten auf dem Weg zur “Commonspartei”?

von Steffen Greschner am 24. November 2011

Einen spannenden Denkansatz hat Silke Helffrich vom commonsblog die Tage eingebracht: Sind die Piraten eigentlich eine Commonspartei? Ist die Chance der Piraten vielleicht die Entwicklung der Gemeingüter-basierten Gesellschaft?

Um den Hintergrund des Gedankens zu verstehen, muss erst einmal klar sein, was man unter Commons versteht:

Ein Begriff erlebte in den letzten Jahren eine Renaissance, der lange als veraltet oder überholt galt – die commons, auf Deutsch auch als “Gemeingüter” oder“Allmende” bezeichnet.

Angesichts der vielfältigen Krisen, mit denen wir gegenwärtig konfrontiert sind, wird der Ruf nach Alternativen laut. In den letzten Jahrzehnten haben wir nahezu alles, was wir zum Leben brauchen privatisiert, zur Ware gemacht und Profit und Wettbewerb unterworfen. Die Grundlagen unserer Wirtschaft und Gesellschaft – die ökologischen, sozialen und ökonomischen – wurden dadurch zerstört. In dieser Situation weist das Konzept der commons die Richtung zu Lösungen, die den Bedürfnissen der Menschen in verschiedenen Gesellschaften ebenso Rechnung tragen wie der Erhaltung natürlicher Ressourcen, und macht Optionen jenseits der Wachstumsökonomie denkbar.

Die Hauptmerkmale einer Gesellschaft die auf commons aufbaut sind:

  • Beitragen statt Tauschen
  • Gemeinsame Nutzung von Ressourcen statt Privateigentum
  • Regeln, die von allen NutzerInnen gemacht werden

Der Erhalt von bestehenden und die Schaffung von neuen commons kann die Grundlage für ein gutes Leben für alle sein.

In der aktuelle Ausprägung sind Commons-Gedanken noch lockere Initiativen, die eher von der gemeinsamen Idee leben. Gerade an diesem Punkt könnten die Piraten an einer Neugestaltung der Commons aktiv mitarbeiten und sie auf eine breitere gesellschaftliche Basis stellen.

Erste Berührungspunkte hat die Piratenpartei mit dem Netzneutralitätsgedanken absolut. Im ctrl-verlust Blog, ist eine tolle Beschreibung und Analyse der Berliner Piraten, die wirklich an eine Commonspartei erinnert (Das politische Denken der Piraten):

Die Piratenpartei kämpft zusammen mit der netzpoltischen Szene schon lange gegen diese Auswüchse und fordert eine diskrimierungsfreie Durchleitung der Daten durch die Provider – eben die sogenannte “Netzneutralität“.

Wenn man sich nun die Forderungen der Piratenpartei in Berlin genauer ansieht, stellt man fest, dass hier das selbe Denken dahinter steht: Infrastrukturen, die Zugang und Teilhabe ermöglichen, müssen gestärkt und ausgebaut werden und gehören diskriminierungsfrei allen angeboten.

- Fahrscheinloser ÖPNV ist die diskriminierungsfreie Beförderung von Personen, jenseits der Einkommensunterschiede.

- Die Ressource Bildung soll diskriminierungsfrei jedem zur Verfügung stehen.

- Bei dem Wahlrecht für Ausländer sollte die Sache auch klar sein.

- Das bedingungslose Grundeinkommen ist eine diskriminierungsfreie Infrastruktur zur ökonomischen Teilhabe an der Gesellschaft.

- Und auch die Forderung der konsequenteren Trennung von Kirche und Staat ist eine Netzneutralitätsforderung. Warum sollte die Infrastruktur Staat schließlich christliche Datenpakete gegenüber islamischen oder atheistischen bevorzugen dürfen?

Es ist also eigentlich ganz einfach: Die Piraten verstehen die öffentlichen Institutionen als Plattformen, die Teilhabe ermöglichen. Und auf jede dieser Plattformen fordern sie diskriminierungsfreien Zugang für alle, weil sie im Internet erfahren haben, dass sich nur so Wissen und Ideen – und damit auch Menschen – frei entfalten können.

Der Begriff Commons ist leider nicht sonderlich schlagkräftig und viele Piraten werden sich mit dem Thema vielleicht selbst noch nicht ausgiebig beschäftigt haben. Die Verknüpfungspunkte sind aber da und bieten tatsächlich die Chance gemeinsam eine große Idee zu entwickeln.

Otto-Gruppe kämpft beim Coworking um Mitarbeiter

von Steffen Greschner am 22. November 2011

Coworking und die Auflösung der tristen Großraumbüros kommt langam immer mehr in der breiten Masse an. Nachdem Immobilienscout bereits im September eine einjährige Kooperation mit dem Berliner Betahaus angekündigt hatte, geht jetzt auch die Otto-Gruppe einen ähnlichen Weg, wie das Manager Magazin und der Spiegel berichteten:

Giesa (Leiter Personalpolitische Projekte, Otto-Gruppe) versucht, talentierte Hochschulabsolventen für die Konzernwelt zu gewinnen, und stellt fest, dass das immer schwerer wird: “Viele Junge meinen, Konzerne seien schwerfällig und bürokratisch, und wählen immer öfter die Selbständigkeit.”

Andererseits gingen die Konzerne fehl, wenn sie meinten, “Innovation immer nur aus sich selbst generieren zu können”, meint Giesa. Die Otto-Gruppe geht daher jetzt häufiger mal dorthin, wo sich die Hamburger Kreativen zu Hause fühlen: ins “Betahaus” auf St. Pauli.

Vom Gemeinschaftsbüro zur Qualitätsgemeinschaft

Man trifft sich, tauscht sich aus und schickt auch mal die Azubis oder ein Projektteam vorbei, das zwischen Ikea-Regalen und “Schlummer-Ecke” auf neue Ideen kommen soll. Das Interesse sei durchaus beidseitig, meint Giesa: Auch die Betahaus-Bewohner möchten doch ganz gerne wissen, wie ein etablierter Konzern wie Otto so tickt – immerhin ein potentieller Auftraggeber. Man ging sogar schon gemeinsam wandern.

Das sich immer weniger “Junge Menschen” für die Konzernwelt begeistern merke ich auch in meinem direkten Umfeld. Waren dort vor einigen Jahren noch die meisten in Festanstellungen und “sicheren Jobs”, sind viele davon inzwischen selbstständig oder arbeiten in Teilzeit – einfach um mehr Zeit für sich selbst und die eigenen Ideen zu haben.

Splittergruppe fordert mehr Spaß im Berliner Parlament

von Steffen Greschner am 17. November 2011

Bei den Piraten hat sich eine “Splittergruppe” gebildet, was ich nicht vorenthalten will:

Und ganz ehrlich, ich bin dafür: Dieses viel zu Ernste in der Politik tut nicht gut. Vor allem nicht, wenn man die Aufgabe hat, neues auszuprobieren.

Mehr Info im Blogbeitrag, der zur Bildung der “Splittergruppe” führte:

Unendliche Möglichkeiten: Was machen wir damit?

von Steffen Greschner am 16. November 2011

Das Internet und neue Technologien bieten uns fast unendliche Möglichkeiten unseren Alltag neu zu gestalten: Microsoft entlässt seine Mitarbeiter in die Selbstbestimmtheit, die Piraten testen eine neue und ganz andere Parteiorganisation und die Isländer erarbeiten sich eine Verfassung über Facebook und Twitter.

Die Möglichkeiten liegen vor uns – nur, was machen wir damit?

Netzwertig hat sich dazu einige spannende Gedanken gemacht:

Computer übernehmen lästige Tätigkeiten – wir können es aber nicht genießen

Unser Problem: Aufgrund der Gestaltung unseres gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Systems können wir diese Tatsache nicht als das betrachten, was sie eigentlich ist: ein Grund zum Feiern.

Computer und Maschinen haben uns tatsächlich den Großteil aller lästiger Arbeit abgenommen. Zurück bleiben fehlende Arbeitsplätze und unzufriedene Gesellschaftsschichten, für die auch in Zukunft nur wenig Perspektiven geboten sind. Der Grund dafür ist, dass die Möglichkeiten, die vor uns liegen nicht genutzt werden. Stattdessen klammert man sich an alte Gewohnheiten und versucht die mögliche Veränderung mit rückwärtsgewandten Konzepten zu bekämpfen.

Netzwertig geht einen Schritt weiter und zeigt die Punkte auf, um die es eigentlich geht:

  • Wir sollten uns verinnerlichen, dass der technologische Fortschritt primär die Arbeit überflüssig macht, die Menschen wenig Stimulation und Selbstverwirklichung bietet.
  • Wir sollten erkennen, dass der technologische Fortschritt uns dazu zwingt, unsere Sichtweise auf den Stellenwert von zum Selbstzweck gewordener herkömmlicher Arbeit zu überdenken und zu erneuern.
  • Wir sollten damit beginnen, den Begriff der Arbeitslosigkeit zu neutralisieren. Das ist schwierig, wird lange Zeit in Anspruch nehmen und kann nur funktionieren, wenn Arbeitslosigkeit nicht mehr mit einer existenzbedrohenden Situation verbunden ist
  • Wir sollten uns von sämtlichen Ideologien befreien, die uns an diesem unausweichlichen Umbau hindern.

Die Punkte sind richtig. Ich würde noch den Punkt Wachstum hinzufügen:

Einen spannenden und in letzter Zeit immer häufiger diskutierten Ansatz bietet ein Grundeinkommen, das unabhängig von (wirtschaftlicher) Leistung gilt. Damit wird vielleicht auch die schöne Vision von Netzwertig realisierbar:

Technologie wird es der Menschheit zum ersten Mal ermöglichen, ihre Zeit mit den Dingen zu verbringen, die ihnen wichtig sind, für die sie eine Leidenschaft mitbringen und die es ihnen erlauben, sich selbst zu verwirklichen – während ihre Grundbedürfnisse durch intelligente Maschinen gesichert werden. Besteht die Gefahr, dass Menschen faul werden und verkümmern, wenn sie niemand mehr um 6:00 Uhr früh dazu zwingt, zu ihrer mitunter gehassten Arbeit zu fahren? Vielleicht ja, vielleicht nein. Ob dies so kommt, liegt in unserer Hand und hängt von der Gestaltung der neuen Strukturen ab.

Liquid Feedback Premiere im Berliner Parlament

von Steffen Greschner am 14. November 2011

Fabio Reinhardt kündigte es  im Parlament mit einem historischen Moment an. Am letzten Freitag war es so weit: Das erste Mal in der Geschichte deutscher Politik haben die Piraten einen online durch die Mitglieder gefassten Beschluss im Parlament verkündet und vertreten. Das erste Mal haben also über über 400 Menschen online über eine Parlamentsentscheidung einer Partei debattiert und abgestimmt:

Deutschland, das ewige Internet-Entwicklungsland

von Steffen Greschner am 13. November 2011

Marcel Weiss hat auf neunetz.com einen spannenden geschrieben, der sich auch auf die politische Entwicklung im Internet übertragen lässt:

Deutschland, das ewige Internet-Entwicklungsland

Sebastian Matthes im Wirtschaftswoche-Blog ungedruckt über die verhältnismäßig langsame Verteilung der Nutzung von Webdiensten in Deutschland:

Grund für das Aufmerksamkeitsdefizit ist, dass es im deutschen Twitter-Raum zu wenig Menschen gibt, die der weltweiten Community etwas zu sagen hätten. Zu wenige Top-Ökonomen, bekannte Schauspieler, Buchautoren und Spitzenpolitiker nehmen an der Diskussion teil. Anders in den USA.

Bei Blogs sieht die Sache übrigens ähnlich aus: In den USA sind sie beispielsweise unter Top-Ökonomen längst ein Instrument, um sich über neueste Gedanken und Studien auszutauschen. In Deutschland gibt es allenfalls zaghafte Ansätze.

Es dauert in Deutschland einfach wahnsinnig lange, bis sich Instrumente wie Twitter, Facebook & Co. durchsetzen, auch deshalb, weil wir ersteinmal jahrelang über die Risiken diskutieren müssen. Das kostet Zeit, Zeit, die andere produktiv nutzen.

Es ist ein Teufelskreis: Ohne die Nutzung von Menschen, die bereits eine Autorität mitbringen, sei es als Entertainmentstar oder als Experte in Ökonomie oder anderen Feldern, kann sich die Sichtweise auf Webdienste nicht ändern: Wenn Schauspieler in Interviews im TV erzählen können, wie toll Twitter ist, oder wenn das ein Politiker von Rang macht, dann hat das Auswirkungen auf die Wahrnehmung auf diese Webdienste. Ohne diese veränderte Wahrnehmung probieren aber viele hierzulande diese Dienste erst gar nicht aus; und urteilen von außen, was nicht sinnvoll ist. Da muss dann erst eine Partei in Landesparlamente einziehen, die sich vor allem mit Internet-Themen profiliert, bis sich mehr ändert.

Wir leben in einer Zeit, in der sich Neuland vor uns auftut. Eine Zeit, in der Experimentierfreudigkeit gefragt ist.

Wir sind eine Gesellschaft, die sich vor allem durch Furcht auszeichnet.

Unser Zwang als Gesellschaft praktisch immer zuvorderst und oft ausschließlich über die Risiken und Gefahren zu sprechen, und die immensen Vorteile in einem schulterzuckenden Nebensatz abzuhandeln, hält uns immer weiter zurück.

Der unvermeidlich langsam eintretende relative Bedeutungsverlust des Westens in der Weltgesellschaft, der aktuell durch die Finanz-/Eurokrise stark beschleunigt wird, wird zum Beispiel in den USA zumindest dadurch abgeschwächt, dass dort mit den aktuell entstehenden Internet-Plattformen die kommerzielle Infrastruktur für die Industrien von morgen entstehen. Die wirtschaftliche Bedeutung dessen kann man nicht überschätzen.

Wir haben in Deutschland nichts dergleichen.

Dafür haben wir in Deutschland Datenschützer, Google-Hass und Facebook-Abscheu.

Deshalb: Schaut mehr auf die Chancen, setzt die Risiken in Nebensätze. Traut euch was. Für die Kinder.

Neunetz ist wie [x Politics] Teil des Netzwerkes rund um Exciting Commerce.

Deutsche Piraten gelten Mutterpartei als Vorbild

von Steffen Greschner am 12. November 2011

Der einzige Abgeordnete der Piratenpartei (Schweden) im Europäischen-Parlament hat dem Magazin EurActiv ein Interview gegeben. Christian Engström geht darin auch auf die Rolle der deutschen Piraten ein, die er inzwischen fast als Vorbild sieht:

EurActiv.de: In welcher Beziehung stehen die schwedischen Piraten zu den deutschen?
ENGSTRÖM: Wir sind Teil der gleichen Bewegung. Auch wenn die deutschen Piraten eine breitere Agenda haben als wir, befassen wir uns mit den gleichen Kernproblemen. Und wir diskutieren zurzeit in Schweden, ob wir unser eigenes Parteiprogramm nicht auch ausweiten sollten. Somit haben uns die deutschen Piraten inspiriert. Ich habe es bisher leider nicht geschafft, mich in Berlin mit den deutschen Piraten zu unterhalten. Aber das ist etwas, auf das ich mich sehr freue.
(…)
EurActiv.de: Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es zwischen den Programmen der deutschen und schwedischen Piraten?
ENGSTRÖM: Transparenz ist ein wichtiger Wert beider Parteien. Ansonsten konzentrieren wir uns in Schweden bisher auf Patentrechte und darauf, die Rechte im Internet aufrechtzuerhalten. Die deutschen Piraten verfolgen diese Themen ebenfalls, ihre Agenda geht jedoch darüber hinaus.

Engström erklärt auch, was er als die eigentliche Aufgabe der Piraten sieht:

EurActiv: Es ist also ihr Ziel, dass die Themen der Piraten von allen Parteien ins Programm aufgenommen werden, so wie es zuvor mit der Umweltpolitik geschah?
ENGSTRÖM: Ganz genau, das ist unser Ziel. Realistisch betrachtet werden wir nirgendwo je eine eigene Mehrheit haben. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass unsere Ideen am Ende überall von der Mehrheit aufgenommen werden. Es ist daher wichtig immer wieder und wieder zu erklären, wofür wir stehen, sodass immer mehr Politiker anderer Parteien erkennen, dass wir Recht haben, dass dies wichtige Themen sind und dass die Piraten auch Lösungen für diese Probleme haben.

Die größte Herausforderung in der Politik besteht darin, die Ausdauer zu finden, immer und immer wieder das gleiche zu wiederholen. Denn es dauert, bis man die politischen Ansichten anderer Parteien geändert hat. Aber so funktioniert die Politik.

Mehr zur Arbeit von Christian Engström findet man auf seiner Abgeordneten-Seite.