Die kommunale Haushaltsplanung den Bürgern überlassen?

von Steffen Greschner am 3. August 2011

In Stuttgart passiert seit den Querelen um den Bahnhofsneubau viel in Richtung Bürgerbeteiligung. Mit dem aktuell beendeten Bürgerhaushalt für 2012/2013 kommt ein neues Signal aus der Landeshauptstadt:

8983 Teilnehmer, 1745 Vorschläge und rund 243.000 Bewertungen der Vorschläge in nur drei Wochen: Die Phase1 der Aktion Bürgerhaushalt habe bei der Bevölkerung außerordentlich große Resonanz gefunden, bilanzierte Stuttgarts OB Wolfgang Schuster am Mittwoch.

Die erste Stadt, die ihre Bürger nach Vorschlägen zur Haushaltsplanung fragt ist Stuttgart nicht. Seit Berlin Lichtenberg 2005 den ersten Versuch startete sind rund 100 Kommunen nachgezogen.

Schön ist, dass sich in Stuttgart nicht alles um nur um Stuttgart 21 dreht:

Unter den Top 100 finden sich fünfzehn Vorschläge zum öffentlichen Personennahverkehr, vierzehn zur Stadtplanung, zwölf zum Verkehr und elf zu Kindern, Jugend und Familie. Stuttgart 21 wird nur neunmal thematisiert.

Die kompletten Bürgervorschläge und mehr Info zum weiteren Ablauf der Aktion findet man auf der Aktionsseite der Stadt Stuttgart.

Vor einigen Tagen hatte mit Karlsruhe auch schon die nächste große Stadt in Baden Württemberg Interesse für ein ähnliches Modell gezeigt. Wer sich mehr für das Thema interessiert findet auch einige aktuelle Lektüre dazu.

Mehr Bürgerbeteiligung ist für viele der Schlüssel für eine demokratische Zukunft. Mit der grünen Landesregierung in Baden-Württemberg steht sogar eine politische Gruppe oben dran, die versucht einen Weg für Bürgerentscheide zu finden. Manchem macht die Abkehr vom starken Staat auch einfach Angst.

Im Züricher Tagesanzeiger ist ein sehr lesenwertes Interview zu aktuellen Trends in Deutschland (und zu deren rechtlicher Umsetzbarkeit):

Das Problem ist, dass die Verfassungsarchitekten (in Deutschland) gezielt auf die Repräsentativverfassung gesetzt haben. Dazu kommt, dass das Bundesverfassungsgericht in Deutschland extrem stark ist und das letzte Wort hat – nicht das Volk, wie in der Schweiz. Damit haben wir eine Struktur, die sich dagegen sperrt, dass man direktdemokratische Arrangements in grossem Umfang importieren könnte. Das würde wie ein Sprengsatz wirken und das Volk gegen die Verfassung und das Bundesverfassungsgericht aufwiegeln.

Auf der Suche nach mehr Mitsprache, entsteht fernab der politischen Landschaft – und ganz ohne Schweizer Vorbild – seit einiger Zeit eine ungewöhnliche Protestkultur aus der sich noch einiges entwickeln kann.

Eine sehr umfangreiche Auflistung von Modellen und Ansätzen für direkte Demokratie findet man auf www.buergergesellschaft.de.

Trends für Arbeitsmodelle der Zukunft

von Steffen Greschner am 30. Juli 2011

Arbeit klingt nach Zwang und Großraumbüro. Nach Fabrik und Stempeluhr. Unter dem Begriff New Work entwickelt sich dagegen ein Modell, dass “Neue Arbeit” anders betrachtet:

Das frühkapitalistische System der Lohnarbeit soll langsam in die Neue Arbeit überführt werden. Diese soll aus drei Teilen bestehen:

  • 1/3 Erwerbsarbeit,
  • 1/3 High-Tech-Self-Providing (Selbstversorgung) und smart consumption und
  • 1/3 Arbeit, die man wirklich, wirklich will.
t3n.de hat einen ausführlichen Beitrag dazu geschrieben.
.
Stark diskutiert werden momentan auch Modelle wie CoworkingCrowdsourcing oder Job Sharing. Wenn man manchen Analysten glauben will, werden Firmen in Zukunft ihre Arbeitsplätze sogar an Mitarbeiter vermieten.
.
Wird vieles noch immer rein organisatorisch betrachtet oder neue Modelle sogar als USP für Geschäftskunden verkauft, geht es bei den wirklichen Bewegungen vielmehr um die Freiheit der Mitarbeiter.
.
Dass diese Freiheit auch zu einigen Problemen in der Selbstorganisation führen kann, hat der Tagesspiegel sehr unterhaltsam beschrieben.
.

Frauen in Führungspositionen: ein Wirtschaftsfaktor

von Steffen Greschner am 28. Juli 2011

Frauenquote ist ein Schlagwort, das politisch meist im Zusammenhang mit Gender und Gleichstellung benutzt wird. Der wirtschaftliche Faktor geht schnell unter.

Warum Frauen Unternehmen aber gerade wirtschaftlich vorwärts bringen, kommt in einem Interview auf hrweb.at zur Sprache:

Aus den globalen Trends, die die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen heute prägen, ragen zwei heraus: die Beschleunigung durch technologische Innovation und die globale Verfügbarkeit von Know-how und Talenten. Als Folge davon beobachtet man bei den Unternehmen einen Trend zu Matrixstrukturen – also zu Strukturen, die nicht mehr auf Kontroll- und Kommandostrukturen top-down basieren, sondern in denen es viel mehr darauf ankommt, unterschiedliche gleichberechtigte Interessen zu einer optimalen Entscheidung zu führen. Und diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Das heißt, künftig haben wir es immer mehr mit Netzwerkorganisationen zu tun, in denen kleine Unternehmenseinheiten produktiv und innovativ zusammenarbeiten. Damit rücken neue Kernkompetenzen in den Vordergrund.

(…)

Es wird beispielsweise zunehmend wichtig, stärker in den Dialog zu treten und zu einem Perspektivenwechsel fähig zu sein; des Weiteren in produktiven Streitgesprächen zu optimalen Ergebnissen zu gelangen und ein wechselseitiges, auch interkulturelles Verständnis zu entwickeln. Die Basis dafür ist ein ausgeprägtes Maß an Emotionaler Intelligenz – also die Fähigkeit, die Ursachen und Konsequenzen des eigenen Verhaltens und des Verhaltens anderer zu reflektieren, zu antizipieren und nachzuvollziehen.

Kompetenzen die meist eher Frauen zugeschrieben werden.

Warum eine gesetzlich vorgeschrieben Quote dabei zu kurz greift, zeigen Erfahrungen in Norwegen. Wenn man sich die Zahl der selbstständigen Gründerinnen in Deutschland anschaut, wird klar, dass wir andere Motivationen und Angebote brauchen.

Grundeinkommen als Alternative

von Steffen Greschner am 24. Juli 2011

Die Bewegung für ein bedingungsloses Grundeinkommen kommt immer mehr in der breiten Masse an. Inzwischen wird die Idee auch in einigen Gemeinden Diskutiert und als ernsthafte Alternative gesehen.

Der Görlitzer Oberbürgermeister meint dazu auf Faktuell.de:

„In einer Region wie unserer, wo man nicht mehr genügend bezahlte Arbeit findet, von der man auch seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, muss man nach neuen Wegen suchen. Mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen bekämen wir Kaufkraft, würden die Abwanderung stoppen und könnten letztlich den Unternehmen wieder qualifizierte und motivierte Arbeitskräfte zur Verfügung stellen.”

Die Finanzierung des Grundeinkommens soll über Konsumsteuern erreicht werden.

Grünliberale Schweiz

von Steffen Greschner am 24. Juli 2011

In der Schweiz hat sich eine grünliberale Bewegung formiert, die dort zuletzt erstaunliche Erfolge bei der Bevölkerung erzielt hat.

Was heißt grünliberal? Ihre Ziele beschreiben die Macher auf ihrer Homepage:

  • Wir wollen zukunftsgerichtete Lösungen voranbringen und nicht das Ewiggestrige bewahren.
  • Die Grünliberalen politisieren sachbezogen und unverkrampft, unsere Ziele sind konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet.
  • Die persönlichen Freiheiten sowie die Stärken unserer Gesellschaft und Wirtschaft sind zu fördern und zu sichern. Wir leben in einer direkten Demokratie, welche zahlreiche Möglichkeiten bietet, sich für diejenigen Lösungen einzusetzen, welche für uns und unseren Nachwuchs die besten Voraussetzungen schafft.
  • Unser zentrales Anliegen ist die Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit hat drei Komponenten, eine ökologische, eine wirtschaftliche und eine soziale. In allen drei Bereichen wollen wir keine kurzfristigen Lösungen sondern langfristige, eben nachhaltige Ziele verfolgen.
  • In der Politik soll das bessere Argument gewinnen und nicht das dickere Portemonnaie.
  • Dafür setzen wir uns auf allen Ebenen ein. Ob als Parlamentarier oder in der Parteiarbeit, in Arbeitsgruppen, als Interessierte oder als Mitglied. Wir bedanken uns für jede Unterstützung, welche unsere Wünsche vorwärts bringt.

Mehr über die Grünliberalen auch bei Adrienne Fichtner auf blog.politiknetz.ch.

Bewegung in der Schweiz: Ist GrünLiberal das neue Grün?

von Steffen Greschner am 18. Juli 2011

Die Grünen entwickeln sich, nicht nur in Deutschland, immer mehr zu den neuen Konservativen. Schwarz-Grüne Koalitionen werden schon länger nicht mehr ausgeschlossen auch wenn der erste Versuch gescheitert ist.

Die Zeit schreibt zu Schwarz-Grünen Entwicklungen:

Weltverbessertum und tiefes moralisches Empfinden paaren sich mit Sicherheitsdenken und Gemütlichkeit. Endlich lässt es sich links sein ohne auf Komfort, Tradition, Kirchengemeinde, Reihenhäuschen, Vorgarten und Schützenverein verzichten zu müssen.

In der Schweiz haben die Grünliberalen mit der Verbindung von liberaler Wirtschaftseinstellung und ökologischer Nachhaltigkeit einen anderen Weg eingeschlagen. Vielleicht sogar den clevereren und vor allem Zeitgemäßeren.

Adrienne Fichtner schreibt auf blog.politiknetz.ch dazu:

Über den Siegeszug der Grünliberalen wurde schon viel geschrieben, spekuliert und analysiert. Die Erdrutschsiege in den jüngsten Kantonsratswahlen beweisen, dass die neue politische Kraft mit ihrer programmatischen populären Kombination von Ökonomie und Ökologie irgendwie den Nerv des modernen Zeitgeists getroffen hat.

Die Grünliberalen selbst beschreiben ihre Ziele auf der Homepage:

  • Wir wollen Politik für die Allgemeinheit machen und nicht Partikularinteressen verfolgen.
  • Wir wollen zukunftsgerichtete Lösungen voranbringen und nicht das Ewiggestrige bewahren.
  • Wir wollen einen konstruktiven Beitrag leisten und keine ideologischen Grabenkämpfe führen.
  • Die Grünliberalen politisieren sachbezogen und unverkrampft, unsere Ziele sind konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet.
  • Die persönlichen Freiheiten sowie die Stärken unserer Gesellschaft und Wirtschaft sind zu fördern und zu sichern. Wir leben in einer direkten Demokratie, welche zahlreiche Möglichkeiten bietet, sich für diejenigen Lösungen einzusetzen, welche für uns und unseren Nachwuchs die besten Voraussetzungen schafft.
  • Unser zentrales Anliegen ist die Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit hat drei Komponenten, eine ökologische, eine wirtschaftliche und eine soziale. In allen drei Bereichen wollen wir keine kurzfristigen Lösungen sondern langfristige, eben nachhaltige Ziele verfolgen.
  • In der Politik soll das bessere Argument gewinnen und nicht das dickere Portemonnaie.
  • Dafür setzen wir uns auf allen Ebenen ein. Ob als Parlamentarier oder in der Parteiarbeit, in Arbeitsgruppen, als Interessierte oder als Mitglied. Wir bedanken uns für jede Unterstützung, welche unsere Wünsche vorwärts bringt.
Die Verknüpfung von liberalem mit grünem Gedankengut hat zumindest in der Schweiz den Nerv der Zeit getroffen. Spannend ist aber auch dort zu beobachten, dass das nicht aus Koalitionen der bestehenden Parteien entstanden ist.
Es hat sich eine neue, auch altersmäßig junge Partei dafür gegründet (Grünliberale im Nationalrat sind im Schnitt 44 Jahre/ 7 Jahre Jünger als der Rest) .